Ein Großteil unserer vierwöchigen Dänemark-Rundreise ist für Jütland reserviert und hier insbesondere die Nordseeküste. Bei der Vorbereitung machen die Bilder und Reiseberichte zu diesem Teil von Dänemark bereits Lust auf mehr und Meer. Die Strecke von Rømø nach Skagen ist rund 550 km lang und nahezu jeder Kilometer ist eine Wohltat für uns Campervan-Reisende, die chaotische Strecken im Süden Europas gewohnt sind. Die Straßen sind bequem zu befahren, es gibt keine Staus und die dänische Landschaft zieht an uns vorbei wie in einem Bilderbuch. Nichts stört die skandinavische Idylle – eine echte „Hygge“-Tour. Ab und zu biegen wir von der Süd-Nord-Verbindung ab, um an die weitläufigen, wenig besuchten Sandstrände oder den ein oder anderen Leuchtturm zu gelangen.

Die Fischerei spielt eine große Rolle entlang der Küste und so sehen wir viele bunte Fischerboote auf dem Strand und hübsch hergerichtete Fischerhäuschen entlang der kleinen Häfen. Eine gute Möglichkeit, fangfrischen Fisch zu bekommen.

Hin und wieder fahren wir auch kleine, liebevoll aufgehübschte Städte mit alten Gassen und „hyggeligen“ Läden an. In Nordjütland zieht uns die große Wanderdüne Råbjerg Mile in ihren Bann. Und in Grenen, noch nördlich von Skagen, wo Skagerrak und Kategatt aufeinander treffen, erwachen wir aus unserer Idylle – die Kreuzfahrt-Touristen haben angelegt und pilgern in Scharen zur nördlichsten Spitze Dänemarks, um mit einem Bein in der Nord- und dem anderen in der Ostsee zu stehen. Den Fotospot auf der Sandbank muss man sich hart erkämpfen.

Mehr zu unseren Highlights entlang der jütländischen Nordseeküste
Blåvand Strand mit Maultier-Bunkern
Bunkerruinen befinden sich entlang der gesamten jütländischen Nordseeküste. Sie sind Schutzbauten des Atlantikwalls aus dem Zweiten Weltkrieg. Der englische Künstler Bill Woodrow hat die Bunker am Blåvand Strand 1995 anlässlich des 50. Jahrestags zur Befreiung Dänemarks in Maultier-Skulpturen verwandelt. Je nachdem, wie Ebbe und Flut zusammenspielen, „reiten“ die Maultiere entweder auf den Wellen im Wasser oder auf dem Sand. Die Wahl des Maultierkopfs anstatt eines Pferdekopfs ist bewusst gewählt, da sich Maultiere in der Regel nicht fortpflanzen können. So sollte auch der Krieg für immer ein Ende haben.



Lyngvig Fyr
Es ist der jüngste Leuchtturm Dänemarks, auf den Dünen der Holmsland Klit erbaut. Anlass für seinen Bau im Jahre 1906 war kein schöner. Bei einer tragischen Strandung des Dampfschiffs SS Avona im Jahr 1903 kamen 24 Seeleute ums Leben. Lyngvig Fyr sollte die Navigation entlang der gefährlichen dänischen Nordseeküste verbessern. Wie viele Leuchttürme wurde er in den 60er Jahren automatisiert. Heute hat der Leuchtturm für den Schiffsbetrieb keine Funktion mehr. Aber für Freunde des Nervenkitzels bietet er immer mittwochs eine besondere Attraktion: Das Abseilen von der Spitze des Leuchtturms
Für uns ist es der erste Leuchtturm, den wir auf dieser Tour erklimmen. Der Leuchtturm steht auf einer 17 m hohen Düne, die erst einmal über 69 Stufen erreicht werden muss. Dann geht es im Leuchtturm noch einmal 159 Stufen hinauf bis zur Aussichtsplattform. Zu bieten hat er weit mehr als nur eine tolle Aussicht auf das Meer, den Ringkøbing-Fjord und die Dünenlandschaft. Das Innenleben mit seiner wendelförmigen Treppe ist für das geschulte Fotografenauge ein tolles Motiv.



Stenbjerg Landingsplads
Von unserem Campinplatz in Vorupør radeln wir durch wunderschöne lila blühende Dünenheidelandschaft zum Stenbjerg Landingsplads in der Jammerbucht. Dort trifft man auf ein idyllisches Fischerdörfchen mit weiß getünchten Häusern. Diese wurden um 1900 von den Fischern in einfachen Konstruktionen und mit örtlichen Materialien gebaut und zur Fischverarbeitung sowie Materiallagerung genutzt. Im Jahr 2000 hat man diese Häuserzeile vollständig renoviert.
Die farbenfrohen Fischerboote, die nach der täglichen Fangtour mit einer Seilwinde nach alter Tradition auf den Sand gezogen werden, geben bei Sonnenschein ein herrliches Bild an der Küste ab. In der Jammerbucht gibt weitere tolle Strände, wie z. B. Vorupør oder Thorup Strand, wo man solche Küstenanlandungsplätze bestaunen kann.



Rudbjerg Knude Fyr
Der Leuchtturm wurde im Jahre 1900 hinter einer damals nur zwei bis drei Meter hohen Düne errichtet und zur Sicherung des Schiffsbetriebs an der Küste in Betrieb genommen. Zwischen 1910 und 1920 wurde allerdings soviel Sand zwischen Meer und Leuchtturm geweht, dass man spezielle Pflanzen einsetzte, um die Verwehungen einzudämmen. Dies zeigte jedoch nur bedingt Erfolg und der Sand legte sich über die Pflanzen. Zum Schluss wuchs die Düne so hoch, dass sie das Licht des Leuchtturms blockiert. Neue Navigationstechnologien machten den Leuchtturm überflüssig, so dass das Licht des Rubjerg Knude zum letzten Mal am 1. August 1968 in die Nacht strahlte. 1992 gab man den Kampf gegen die zunehmende Versandung auf. Seitdem verweht der Sand der Wanderdüne nach und nach den Leuchtturm und zugehörige Gebäude .
Wir klettern in den Abendstunden bei Sonnenschein aber hohen Windgeschwindigkeiten auf die Düne. Fotografisch absolut lohnenswert, aber auf dem Campingplatz heißt es, erst einmal den Sand aus Augen, Kleidung und Equipment zu bekommen.



Råbjerg Mile
Dänemarks Reaktion auf die Sahara, wie die Sanddüne im Spaß genannt wird, ist eine der größten Wanderdünen Europas. Sie erstreckt sich über eine Fläche von etwas zwei Quadratkilometern und erreicht eine Höhe von bis zu 40 m. Die Düne bewegt sich jedes Jahr 15 Meter Richtung Nordost. Das bedeutet, dass in ungefähr 150 Jahren die Hauptverkehrsstraße nach Skagen komplett mit Sand bedeckt sein wird und dass Bäume, die von der Wanderdüne bedeckt wurden, ca. 40 Jahre später auf der anderen Seite wieder auftauchen. Die Menschen der Gegend wurden in der Vergangenheit vom Sandtreiben sehr geplagt. Der Boden konnte nicht mehr landwirtschaftlich genutzt werden und so haben die dort lebenden Menschen den Kampf um ihre Häuser aufgegeben.
Heute zieht die wüstenartige Gegend zahlreiche Touristen an. Ein gewisses Sahara-Feeling kommt auch bei uns auf. Es macht Spaß, in den frühen Morgenstunden die ersten Fußspuren im feinen Sand zu hinterlassen, wenn noch keiner in den Dünen unterwegs ist.


